Der Kapitän der Royal Princess steuerte das Nilkreuzfahrt-Schiff über Nacht von Kom Ombo nach Assuan (Aswan). Das ist die südlichste Stadt Ägyptens. Und obwohl Assuan mit rund 500.000 Einwohnern die drittgrößte Stadt des Wüstenstaates ist, meinen die meisten Ägypter, sie sei auch die schönste. Und tatsächlich ist die Lage berauschend. In Assuan teilt sich der Nil in mehrere Arme, die größte Nil-Insel liegt direkt vor der Uferpromenade: Elephantine Island. Am anderen Ufer sind Königsgräber im goldgelben Dünensand zu erkennen. Feluken, die landestypischen Segelschiffe, kreuzen hin und her.
Staudamm, Nasser-See und Philae-Tempel
Ahmed hat wieder einen Minibus organisiert. Er bringt uns zum berühmten Staudamm (Hochdamm) von Assuan. Bis zum gigantischen Coup der Chinesen am Yangtse-Fluss war er der größte Staudamm mit dem gigantischsten Stausee der Welt. Der so genannte Nassersee (das Projekt wurde unter Präsident Nasser realisiert) ist unvorstellbare 5250 Quadratkilometer groß. Das Bauwerk selbst ist hässlich wie die Nacht schwarz ist. Er sichert Ägypten aber 65 Prozent der Stromversorgung, erklärt Ahmed.
Philae: Isis-Tempel
Ein kleines Boot bringt uns zum Philae-Tempel. Er wurde von der UNESCO vor den durch den Hochdamm verursachten steigenden Fluten von der Philae-Insel gerettet und 1979 auf der höher gelegenen Nachbarinsel Agilkia wieder aufgebaut. Allein die Bootsanfahrt ist es schon wert, den Tempel zu besuchen. Der Tempel ist der Göttin Isis gewidmet und wunderschön gelegen. Hier das kurze Video mit der Bootsfahrt zum Philae-Tempel im Nassersee:
Steinbruch von Assuan
Die ägyptischen Pharaonen hatten Sinn für Ästhetik – sie wollten nur die schönsten Baumaterialen für ihre Tempel, Grabanlagen, Statuen und Pyramiden. Dafür scheuten sie keine Mühen. So ließen sie beispielsweise gigantische Steinklötze im Steinbruch von Assuan aus den Rosengranit-Felsen meißeln. Ein riesiger unvollendeter Obelisk liegt hier noch im Fels. Als die gigantische Säule Risse bekam, beendeten die Ägypter ihr Werk an dem Koloss und machten an anderer Stelle weiter.
Heißer Wind auf dem Nil: Beinahe-Unglück mit der Feluke
Ahmed kann nicht schwimmen. Deswegen ist ihm gar nicht wohl dabei, als wir die eigens für uns gecharterte Feluke besteigen. Sein mulmiges Gefühl verstärkt sich, als der junge Bootsführer die Fahrt ablehnen will. Zuviel Wind, zu viele starke Böen, meint er. Doch der Chef des nubischen Seglers winkt ab – keine Gefahr. So legen wir ab. Unser Ziel ist die Lord Kitchener Insel mitten im Nil. Hier gibt es einen hübschen botanischen Garten. Der Wind bläst gleichmäßig in das dreieckige Segel. Beim Anlegemanöver ist Ahmed beruhigt und kann wieder lächeln. Wir schlendern durch die saftig grüne Pflanzenwelt und schauen hinüber zum Aga Khan-Mausoleum. Hier liegt Aga Khan III.
Der heiße Wind peitscht immer wieder Böen über den breiten Nil. Unser Bootsmann fummelt hektisch an der Takelage der Feluke. Das Boot macht mächtig Fahrt. Wir bemerken schnell, dass der Man überfordert ist. Während Ahmed vor Sorge kaum noch ansprechbar scheint, lehnen wir uns weit über die Bordwand hinaus, denn die hölzerne Feluke wird von den Böen immer wieder in eine bedenkliche Schieflage gebracht.
Dann schlägt der Wind wieder eine heiße Böe ins Segel. Und es passiert. Die rechte Bordwand taucht tief ins Wasser, der Nil schwappt ins Boot. Die Feluke wird in den Fluss gedrückt. Immer tiefer. Tisch und Stuhl, alles fliegt nach unten. Wir stemmen uns mit aller Macht über die Bordwand, stehen fast aufrecht, nur noch die Unterschenkel im Boot. Das Gegengewicht hält das hölzerne Segelboot im Wind. Dann rutscht Nikki waghalsig nach unten, Richtung Wasser, wirft Michi die Rucksäcke zu. In diesem Moment reicht das Gewicht unserer Körper, die Feluke richtet sich wieder auf. Wir beruhigen den erstarrten Ahmed, der jetzt dem hektischen Segler helfen muss. Nach rund zwanzig Minuten und einigen hakeligen Manövern legt die Feluke an. Ahmed steckt voller Adrenalin, will nie wieder auf eine Feluke steigen…
Das kurze Video oben auf der Seite zeigt die Szenen vor und nach der Aktion, die mit einem blauen Fleck am Knie glimpflich ausging… Übrigens: Kurz darauf sehen wir mitten im Nil nur noch einen Mast aus den Fluten ragen. Ein anderer Feluken-Kapitän hatte weniger Glück, legte sein Segelboot auf Grund.
Mit der Kutsche: Stadtrundfahrt durch Assuan
Die Seltsamkeiten dieses Tages wollen kein Ende nehmen: Das Pferd unserer Kutsche scheint seiner Arbeit überdrüssig. Es zeiht immer wieder in den Gegenverkehr und kann nur unter lautem Geschnalze des Kutschers dazu bewegt werden, die vorgegebene Strecke einzuhalten. Und diese führt uns zuerst in eine große koptische Kirche (Kopten sind die Christen in Ägypten) und danach in eine schöne Moschee auf einem Hügel Assuans. Hier sitzen wir in ruhiger Atmosphäre und plaudern über Ahmeds Religion – den Islam.
Die Kutsche bringt uns noch zum quirligen Basar von Assuan. Hier soll es de besten Gewürze Ägyptens geben. Wir kaufen reichlich, natürlich nicht, ohne vorher gehandelt zu haben. Vor allen die Malvenblüten sind von exzellenter Qualität. Daraus wird der schmackhafte Karkadeh aufgebrüht. Ein fruchtiger Tee, der den Blutdruck senken soll. Ein Lieblingsgetränk der Ägypter. Wir lassen den Tag bei heißem Pfefferminz-Tee und einer Shisha ausklingen. Die Nacht wird wieder kurz sein. Schon um 3.30 Uhr werden wir nach Abu Simbel fahren. Wir ahnen noch nichts von den bangen und abenteuerlichen Stunden mit Ambulanz und Militärpolizei, die uns morgen bevorstehen, als wir müde in die Laken sinken…
Die Fotos eines ereignisreichen Tages am Nil. Hier ist die Bildergalerie mit einigen HDR-Fotos aus Assuan, der Fahrt mit der Feluke und dem Philae-Tempel im Nassersee: