Gegen ein kleines Bad ist doch nichts einzuwenden. In einem Pool? Wunderbar. Doch was, wenn dieses Naturbecken direkt an einer 111 Meter hohen Klippe plätschert, während daneben Hunderttausende Liter Wasser pro Minute in die Schlucht donnern? Dann sitzt man im Devil’s Pool. Dem gefährlichsten Planschbecken der Welt. Wir haben ein Bad gewagt…
Größter Wasservorhang der Welt
Die Victoria Wasserfälle, Sambia, im Süden Afrikas. Der „größte Wasservorhang der Welt“ beeindruckt mit einer Länge von rund 1700 Metern. Der Sambesi-Fluss stürzt hier krachend in die Tiefe. Schon aus der Ferne sieht man den „Rauch“ aufsteigen. So sagen dann auch die Einheimischen – „Mosi oa tunya“: Rauch, der donnert. Die Gischt zaubert der sonst teils kargen Buschlandschaft in der Umgebung ein saftig grünes Gesicht.
Der erste Fahrer war es. Er holte uns am Flughafen ab. Strahlte, wuchtete die Reisetaschen in den kleinen Van und fuhr mit uns in Richtung Victoria Falls zum Hotel. Wir fragten ihn, was man hier so unternehmen kann. „Ein bisschen Action wäre fein“, sagte Nikki. „Devil’s Pool“, raunte der Fahrer und grinste ein schiefes Grinsen. „Aber das ist wirklich nicht ohne – wenn es denn überhaupt möglich ist.“ Nur zu ganz bestimmten Zeiten im Jahr kann man das kleine Becken am Rande der Wasserfälle besuchen. Wenn der Wasserstand zu hoch ist, kann sich hier niemand halten. Wir recherchierten kurz und waren fasziniert. Ein Tagesausflug nach Livingston in Sambia. Bootsfahrt über den Sambesifluss. Dann zu Fuß weiter an den Rand der Fälle. Und einmal über die Kante blinzeln. Verrückt! Ausprobieren!

Der Tag ist ein Traum. Sonne, Wärme, Licht. Wir sind mit dem Mini-Van von Simbabwe nach Sambia gefahren. Und stehen nun am Ufer des Sambesi. Recht gemächlich schieben sich die Fluten an uns vorbei. Aber wir wissen – nur wenige Kilometer entfernt geht es abwärts. Der breite Wasservorhang der Victoria Falls wartet auf uns! Mit einem kleinen Motorboot fahren wir über den Sambesi. Stromabwärts. Der Fluss windet sich zunächst gemächlich, dann schneller. Stromschnellen links und rechts. Ein Flusspferd gähnt. Reiher fischen am Ufer. Wir halten auf Livingstone Island zu. Die kleine Insel direkt an den Fällen. Der Missionar David Livingstone ging hier 1855 an Land. Der Skipper winkt uns dreht ab. Am Ufer wartet schon ein junger Einheimischer. Er nennt sich Alpha Omega – „ΑΩ“. Wir sollen ihm folgen. Es geht durchs Unterholz, ein kleiner Wald liegt vor uns. Durchmarschieren. ΑΩ redet nicht viel. Er geht voran. So richtig vertrauenserweckend ist das alles nicht. Ein kaum hörbarer Zweifel mischt sich ins Michis Stimme: „Mal sehen, was das wird.“ Dann hören wir sie. Die Fälle. Es donnert. Und tatsächlich – es raucht vor uns. Dampf steigt auf. „Mosi oa tunya“: Rauch, der donnert. Spektakulär liegt die Schlucht vor uns.
Wir folgen unserem Guide „Alpha Omega“ zur Abbruchkante der Wasserfälle. Gischt spritzt hoch, hier ist der „donnernde Rauch“ nicht mehr zu überhören. „ΑΩ“ kennt den Weg. Wir werfen die leisen Zweifel über Bord. Er macht das schon. Jetzt kommt die letzte Passage, die wir schwimmend zurücklegen müssen. Au ha! Keine Zeit, nachzudenken. Rein ins Wasser. Die Strömung zieht uns sofort in Richtung der Fälle. Wir schwimmen. Und zwar sehr konzentriert! Direkt vorbei an den Stromschnellen. Alleine besteht hier Lebensgefahr. Nur wenige Meter neben uns kracht das große Wasser in die Schlucht. Das ist echt ’ne wilde Kiste. Nix Disney. Hier gibt es keine Sicherungsleinen um den Bauch oder einen Notaus-Knopf fürs Fahrgeschäft.
Devil’s Pool – Fische knabbern an den Füßen
Wieder raus aus dem Wasser. Wir klettern auf einen Felsen. Und da liegt er vor uns – der Devil’s Pool. Jetzt erklärt uns Alpha Omega doch die Sachlage. Sagt uns genau, wohin wir schwimmen dürfen und wo nicht. „Füße unter die Kante“, sagt er mit prüfendem Blick. Und wir sollen uns nicht erschrecken. Fische knabbern gern mal an den Füßen. Wer dann die Beine hochschlägt, wird mit dem Salto Mortale des Tags belohnt. Na gut, wagen wir es!
Ein kleiner Hüpfer – wir werden direkt an die Kante getrieben. „Füße nach unten!“, ruft Alpha Omega. Gar nicht so einfach, wir merken, wie die starke Strömung an uns reißt. Dazu kommen die gar nicht so kleine Fische, die abgestorbene Hautzellen von den Füßen knabbern. Trotz Vorwarnung ein kleiner Schreck. Nikki zieht die Füße hoch. Nein! ΑΩ greift hektisch nach Nikki. Alles gut. Situation unter Kontrolle. Mit erstem Gesicht erklärt er Nikki noch einmal, wie man sich die Fische von den Füßen hält. Und macht eine ausladende Geste über den Beckenrand – da geht’s lang, wenn Du Dich nicht daran hälst…
Und auch für Michi gilt – jetzt nur nicht zu sehr mit den Füßen rudern, sonst – schwupps – geht’s ein letztes Mal abwärts. Es ist laut. Es donnert. Die Fluten schießen an uns vorbei. Alpha Omega ruft: „Heute ist wohl der letzte Tag der Saison, an dem wir hier sein können. Das Wasser steht schon sehr hoch.“ Vielen Dank für diesen letzten Sicherheitshinweis. Es sind tatsächlich heftige Naturgewalten, die hier wirken. Wir haben keine Angst. Wir sind voller Bewunderung. Für die Schönheit der Landschaft. Den verrückten doppelten Regenbogen. Die Wassermassen.
Wir „sitzen“ im gefährlichsten Pool der Welt und gewöhnen uns gerade an die irre Situation. Da sagt ΑΩ: „Wanna look down?“ Äh, ja, wie das? Alpha schiebt uns über die Kante, hält uns nur an den Füßen. Der Wasserdruck ist groß. Zuhause würde der Spaßbad-Bademeister wild die die Trillerpfeife husten, machte man das auf dem Dreimeterbrett. Hier scheint dieser kranke Nervenkitzel völlig normal. Wir fragen uns nur noch, ob die Füße zu sehr mit Sonnenmilch eingeschmiert sind und wie fest ΑΩ denn zupacken kann. Dann taucht unterm Kinn schon die Schlucht auf.
Woooooow! ein irres Gefühl. Einige Liter Adrenalin mischen sich in den Sambesi und stürzen donnernd hinab. Das gibt’s weltweit nur einmal. Das gibt’s nur im Devil’s Pool. Dem gefährlichsten Whirlpool der Welt…
Devil’s Pool – die Fotogalerie
Glücksgefühl und etwas flau
Als wir wieder aus dem Wasser kommen, grinsen wir nur noch. Eine Wahnsinnserfahrung. Vielleicht doch etwas mehr Wahnsinn als Erfahrung. Super happy machen wir uns auf den Rückweg. Trinken noch einen Tee unter einer Zeltplane und knabbern etwas Gebäck. Dann ist unsere Zeit auf Livingston Island mit im Sambesi vorbei. Unserer Boot wartet. Es bringt uns zurück ans Festland. Abends sitzen wir auf der Terrasse in unserem Hotel in Victoria Falls, Simbabwe. Wir denken an den Tag zurück. Michi hat das Video geschnitten. Jetzt. Beim Betrachten der Bilder und des Videos stellt es sich ein. Das flaue Gefühl. Vielleicht war das doch ein bisschen verrückt. Ein bisschen zu verrückt. Denn es gab keinen doppelten Boden, keine Sicherung. Die Rückmeldungen unserer Eltern, Familie und Freunde befeuern das Gefühl. „Seid Ihr verrückt geworden? Wollt Ihr Euch umbringen?“ Zweimal Nein! Die Grillen zirpen, aus der Ferne hören wir ein leises Donnern. Die Wasserfälle. Wir schlafen eng umschlungen ein. Diese Erfahrung kann uns keiner nehmen, wie so viele zuvor. Vielleicht sind wir ein bisschen verrückt. Aber glücklich.
Und wir ahnen noch nicht, dass die nächste kleine Verrücktheit schon auf uns wartet. Denn wir werden morgen mit Löwen spazieren gehen…
Ich bin begeistert von euch beiden,ich wuerde mir das niemals trauen.
macht weiter so mit so tollen Bildern.Viele gruesse von Birgit u.Kurt
Liebe Birgit, lieber Kuddel,
vielen Dank! Wir berichten bald schon über weitere Abenteuer aus Afrika. :)
Liebe Grüße
Nikki&Michi
Wir können Euch nur bewundern. Klasse das ihr es gemacht habt. Es ist so spektakulär. Jedenfalls mache ich das auch demnächst mal … – hoffentlch — – vielen Dank für das spannende Video – Viel Mut habt ihr gezeigt sich über die Kante legen zu lassen. Mir fällt die Spucke weg
Wir waren im Dezember 2015 eine Woche in Iguazu. Wer diese Wasserfälle kennt, der vergisst das nie in seinen Leben.
Viele Grüsse Michael und Sabine
Hallo Sabine und Michael,
vielen Dank für das Lob. Wenn wir uns jetzt das Video im Nachgang so anschauen, bleibt und auch manchmal die Spucke weg. ;) Wir standen auch übrigens schon an den Iguazu-Wasserfällen. Auf beiden Seiten, Argentinien und Brasilien, mit Bootstour Richtung Teufelschlucht. Sehr beeindruckend!
Schöne Grüße und viel Spaß aufeuren Reisen!
Nikki&Michi
Wow, das sieht echt nach Nervenkitzel aus. Wir sind dieses Jahr auch bei den Victoriafällen und überlegen immer noch, ob wir das machen sollen oder lieber doch nicht 🤣. Aber da ihr so begeistert ausseht, werden wir das wohl auch wagen!
Hi!
Na, überlegt Euch das wirklich gut. Hinfahren kann man, das ist kein Problem. Aber bei uns war das Wasser wirklich schon bedenklich wild. Einen Tag später ist da keiner mehr baden gewesen. Wenn es Euch zu spooky erschient, im Zweifelsfall lieber nicht machen. Es ist schon etwas riskant und eben keine Disney-Attraktion. ;)
Eine schöne Reise für Euch und auf jeden Victoria-Fall auch eine sichere Rückkehr! ;)
lg
Michi
Nicht für Jedermann
Absolut! Wir würden das auch nicht empfehlen! Jeder sollte sich ganz genau überlegen, ob man sich dort bis an die Kante begibt…