Durchstarten! Wir wachen morgens um kurz vor sieben Uhr auf. Der Wind zischt ums Fenster. Jalousien hoch. Der Lions Head! Ein beeindruckender Felsbrocken mitten in Kapstadt. Die müden Augen wandern nach links. Uff, der Tafelberg. Zarte weiße Wolkenfetzen lecken über die langgezogene Spitze. „Tischtuch“ nennt man das in Cape Town. Sofort zum Frühstück im wunderschönen Hotel Protea Fire&Ice. Das Restaurant hat eine große Fensterfront, dahinter schwappt direkt das Poolwasser. Witzige Idee. Nach frischen Früchten, Joghurt, Vollkornbrot und Erdbeersaft fahren wir los.
Reisebericht Südafrika: Viel Wind um den Tafelberg in Kapstadt
Das Auto schnurrt die Steigung hinauf. Es geht vorbei am Lions Head (669 Meter), der direkt neben dem Tafelberg aufragt. Der Tafelberg ist eine 1087 Meter hohe Felswand. Das Wahrzeichen von Kapstadt. Der Wind ist zu stark, die Seilbahn hat den Betrieb eingestellt. Wir fahren mit dem Auto weiter hinauf. Aber irgendwann ist auch hier Schluss. Wir genießen die fantastische Aussicht auf die Stadt und beschließen, Richtung Süden zu fahren. Zum Kap der Guten Hoffnung.
Barracuda-Blut und leckerer Snoek in Hout Bay
Die Straße windet sich zwischen Tafelberg und Lions Head hindurch, Richtung Atlantik. Die schroffe Küste und das wilde Wasser bilden eine traumhafte Kulisse. Wie in einem Auto-Werbespot. Die M61 führt vorbei an Camps Bay, hinunter bis in den Fischerort Hout Bay. Hier kann man toll essen im Mariner’s Wharf. Doch wir lassen dieses gute, aber eben doch etwas touristische Restaurant links liegen und fahren weiter bis zur Spitze des Ortes. Direkt zwischen ein paar alten Kanonen duckt sich ein Fischimbiss in die Dünen. Mit ein paar Fischern, Einheimischen und einer Handvoll Besucher verschlingen wir den frischen Tagesfang – Snoek. Das ist das Wort für Barracuda. Festes weißes Fleisch, dazu gibt es frische frittierte Kartoffelchips. Sehr zu empfehlen, obwohl und gerade weil das „Ambiente“ hier so einfach ist. Vollbremsung auf dem Rückweg am Hafen. Drei Fischerboote sind gerade eingelaufen. Die Besatzungen werfen den frischen Fang – auch hier riesige Barracudas – direkt in die Pickups der wartenden Kundschaft. Blutrote Kiemen, klare Augen, blitzschnell filetiert. Dazwischen Hunderte Möwen. Wir sind nah dran, vielleicht zu nah. Nikki trägt ab jetzt ein hübsches Muster aus Snoek-Blut auf der Hose. Man muss eben Opfer bringen für einen Reisebericht Südafrika.
Chapman’s Peak Drive – schönste Passstraße der Welt
Weiter geht es zu einer der schönsten Pass-Straßen der Welt. Dem Chapman’s Peak Drive (15 Kilometer lang, 592 Meter hoch). So steht es im Reiseführer. Und der hat recht. Diese wunderschöne in den Felsen gehauene Strecke sticht die sehr hübsche „Road to Hana“ auf Hawai‘i (Nikki&Michi: Reisebericht Hawaii) locker aus. Der Bau bis 1922 muss sehr schwierig gewesen sein. Der Drive ist eine Mautstraße, kostet pro Pkw 24 Rand (2,40 Euro). Fantastische Blicke aus großer Höhe zurück auf die Hout Bay und den über der Bucht wachenden „Sentinel“, ein beeindruckender Felsen (331 Meter). Sieht aus wie ein Cousin des Lions Head in Cape Town. Hinter einer der letzten Kurven der Passstraße plötzlich grell-weißes Licht. Direkt vor dem türkis-blauen Ozean scheint der Kilometer lange und verlassene Long Beach auf. Erstickte Schreie des Entzückens. Chapman’s Bay. Wunderschön.
Fahrt zum Cape of Goof Hope National Park
Weiter geht es über die M6 Richtung Kommetije, fast auf Meereshöhe an der Gischt vorbei. Der Atlantik zeigt sich heute von seiner schönsten Seite. Rollende Dünung, viele Blautöne, nicht zu rauh. Fast einladend. Doch das Wasser hat hier so rund zehn Grad… Vorbei an Witsand und der Mossel Bay (nicht zu verwechseln mit der Stadt Mossel Bay an der Garden Route), an Weinbergen und einer Straußenfarm geht es direkt zum Cape of Good Hope National Park. Die Straße ist so leer, man könnte fast den Linksverkehr vergessen… Ein Eisernes Kreuz erinnert an Vasco da Gama, der hier 1497 auf der Suche nach Indien vorbeikam.
Am Cape Point riechen wir die Antarktis
Zuerst sind wir faul, fahren bis an den Cape Point heran. Man hat uns vor Affen gewarnt, die hier auf dem Parkplatz ihr Unwesen treiben. Freunde, Reiseführer, hier aufgestellte Schilder mahnen zur Vorsicht vor „Baboons“, die alles tun, um an Essbares heranzukommen. Wir sehen keinen einzigen Primaten und machen uns auf den Weg hinauf zum Leuchtturm. Ganz oben auf der Klippe steht das Schifffahrtszeichen seit 1860. Sein Licht scheint an klaren Tagen bis zu 67 Kilometer weit. Von hier blickt man zurück über die Kaphalbinsel. Nach Berlin sind es 9575 Kilometer, sagt ein Wegweiser. Wir blicken ins Blau nach Süden. 6248 Kilometer weiter liegt der Südpol. Zu weit für heute. Aber wir bilden uns ein, die kalte frische Luft der Antarktis zu riechen. Hundert Meter weiter unten steht noch ein neuerer Leuchtturm (1919), er legt nicht so häufig im Nebel. Darf er auch nicht, denn 20000 Schiffe pro Jahr passieren das häufig sturmumtoste Kap.
Speed Climbing am Kap der Guten Hoffnung
Manche sagen, „Wir waren am Kap der Guten Hoffnung“. Und standen aber am Cape Point. Das Cape of Good Hope ist ein paar Hundert Meter weiter, markiert die westlichste Spitze des afrikanischen Festlands. Wir fahren hin. Und werden mit einer wildromantischen Szenerie belohnt. Man kann auf das Kap klettern. Der Weg ist nicht sehr schwierig, aber der Wind ist so heftig, wir schauen uns tief in die Augen, ein Blick auf die Uhr. Es ist spät. Wir grinsen. Rauf. Speed-Climbing. Auf dem Weg begegnen uns Familien grasender Klippschliefer (auch Klippdachs, hier Dazzy genannt), sie haben überhaupt keine Scheu, lassen sich bereitwillig filmen. Wenige Minuten später stehen wir allein auf dem Kap der Guten Hoffnung. Wild. Windig. Schön wie ein Traum von Freiheit.
Pinguine am Boulders Beach watscheln in den Feierabend
Auf dem Weg zurück nach Kapstadt fahren wir schweigend die geschwungene M4, vorbei am Swartkopberg, vorbei am Millers Point. Bis zum Boulders Beach vor Simons Town. Hier leben Pinguine. Sie haben Feierabend. Die Touristen sind längst zu Hause. Sie watscheln am Strand noch eine Weile um uns herum und beschließen dann im Gänse-, Verzeihung Pinguinmarsch, von dannen zu wackeln.
Kalk Bay und Muizenberg vor Sonnenuntergang
Die Musik aus der Anlage unseres Honda treibt uns vorwärts. Wir fahren an Fish Hoek vorbei, passieren Kalk Bay und Muizenberg. Dieser bei Kapstädtern beliebte Strand- und Ferienort strahlt Ruhe aus. Hier könnte man es länger aushalten. Könnte. Ein wenig traurig navigieren wir weiter Richtung Kapstadt.
Sonnenuntergang am Signal Hill
Wieder hinauf. Diesmal zum Signal Hill. Hier soll es einen wunderschönen Sonnenuntergang geben. Direkt neben dem Tafelberg, von wo wir heute morgen gestartet sind. Zwölf Uhr mittags gibt der Hügel laut. Hier steht die Noon Gun, sie feuert Punkt Zwölf einen Schuss ab. Kapstadt stellt die Uhren danach. Jetzt kurz vor acht am Abend haben sich ein paar Dutzend Menschen zum Sundowner eingefunden. Korken knallen, es wird gekichert. Und dann über das glutrot am Himmel gestaunt. Eintreffende Polizeistreifen erinnern daran, dass der Signal Hill kein Ort für eine Nachwanderung ist. Kapstadts Beamte kämpfen gegen Kriminalität. Wir cruisen noch ein bisschen durch die wieder völlig menschenleere Stadt und fahren dann ins Hotel. Ein perfekter erster Tag in Kapstadt…