Bolivien. Heute tauchen wir tief ab in die Geschichte des Landes. Wir brechen auf nach Tiahuanaco, der wichtigsten Ausgrabungsstätte Boliviens. Die Ruinen und Tempelanlagen sind erst zu einem Prozent freigelegt, stammen aus der Zeit vor den Inka. Tiahuanaco ist die Wiege Boliviens und UNESCO-Weltkulturerbe.
La Paz ist der Startpunkt der Rundreise
Wir starten in La Paz. Plötzlich zieht eine Wagenkolonne mit Blaulicht an uns vorbei. Boliviens Präsident Evo Morales auf dem Weg zu einem Termin. Nur drei Bodyguards schützen den volksnahen Mann, auf dem die Hoffnungen vieler Bolivianer ruhen. Wir fahren bergan aus der Stadt heraus, lassen auch schnell das ebenso große wie schmuddelige El Alto hinter uns. An den Busfenstern zieht die karge Hochebene des Altiplano vorbei. Ein herber Charme, etwa 4000 Meter über dem Meeresspiegel. Rund 1,5 Autostunden entfernt liegt Tiahuanaco. Von 1500 bis 1200 vor Christi war die Gegend besiedelt. Die Einwohner sprachen Aymara, noch heute eine der wichtigsten Sprachen der indigenen Bevölkerung Boliviens und Perus. Als die Inka auftauchten, war Tiahuanaco bereits verlassen.

Tiahuanaco
Wir besuchen das Museum mit den vielen Fundstücken aus Keramik und bestaunen die hier gefundenen deformierten Schädel. Bis heute auch ein Rätsel, warum die damaligen Bewohner Schädelbohrungen vornahmen. Es gibt eine Art Pyramide, ein fast ebenerdiges Ruinenfeld und eine tiefer gelegene Tempelanlage. Bekannt ist Tiahuanaco für das rund drei Meter hohe Sonnentor und die Monolithen, aus Stein gehauene Figuren. Auf dem Rückweg zaubert Rodrigo seine Leibspeise aus einem Karton: Saltenas. Maisteigtaschen, gefüllt mit einer Art pikantem Gulasch. Es gibt die Variante mit Huhn und mit Rind. Wir genießen die Saltenas mit einem fantastischen Blick auf das Altiplano von Bolivien.

La Paz
Zurück in La Paz fahren wir durch die engen Gassen des Marktviertels. Der Busfahrer ist ein Virtuose am Lenkrad, zirkelt zwischen den tausend Autos und Fußgängern hindurch, die chaotisch von allen Seiten kommen. Wir ziehen zu Fuß weiter. Im Marktviertel von La Paz wird wirklich alles angeboten. Riesige Säcke voller frischer Cocablätter warten auf Käufer. Viele Sorten Bananen liegen in großen Stauden auf dem Gehweg bis auf die Straße hinaus. Sämtliche Früchte, Hüte, Wollen, Waschmaschinen und Kühlschränke, Bekleidung, moderne Schuhe, Fisch und Gemüse. Ein bunt-chaotisches Wirrwarr.

Rodrigo erklärt: „Hier werden die Waren, vor allem Elektronik, zu besonders günstigen Preisen angeboten. Das ist ein riesiges Geldwäsche-Geschäft der Drogenmafia.“ Steuern bezahlt hier auch niemand. Rodrigo: „Selbst reiche Bolivianer zahlen keine Steuern, nur 20 Prozent der Bevölkerung entrichtet Abgaben, der Rest behält sein Geld.“ Mit dem florierenden Schwarzmarkt und den vielen Bestechungen ist es schwierig, einen funktionierenden Staat aufzubauen. Rodrigo verdreht die Augen: „Es ist eben einfacher und billiger, dem Finanzbeamten eine kleine Summe in die Hand zu drücken, als regulär zu zahlen.“
Das gleiche gilt für die Führerscheine. Die kauft man einfach. Rodrigo: „Eine echte Prüfung gibt es nicht. Eher eine Infoveranstaltung. Dann zahlt man einen kleinen Betrag und bekommt den Schein. Die Prüfer haben mir damals gesagt, wenn man echte Tests machen würde, bekäme kaum ein Indianer den Schein. Dann wäre diese Volksgruppe noch stärker benachteiligt.“ Wir halten die Augen während unseres Spaziergangs also noch besser auf.“ Die Marktfrauen sind rigoros, viele lehnen ab, wenn wir nach Fotos fragen, eine wirft sogar mit einer Banane nach Michi.
Spaziergang durch La Paz

Geheimnisvoll: die Hexengasse mit Kräuterweibern, die viele Gräser, mythische Gegenstände, Amulette, halluzinogene Kakteen, Gewürze und allerlei Gebräu anbieten. An den Ständen liegen auch immer wieder getrocknete Föten von Lamas. Unser bolivianischer Guide Rodrigo erklärt: „Wegen der Höhe haben die Lamas viele Fehlgeburten. Die toten Föten werden oft beim Hausbau im Fundament vergraben. Das soll Glück bringen.“ Wir kaufen lieber zwei kleine steinerne Pacha Mama-Figuren. Diese mythische Gestalt mir mehreren Köpfen soll Schutz in allen Lebenslagen bieten.
Wir fahren weiter, die Stadt hinunter. Je tiefer, desto exklusiver die Wohngegend. Auf den eingezäunten und bewachten Grundstücken stehen zum Teil prunkvolle Villen. Drei Ex-Präsidenten Boliviens wohnen hier. Das Quartier ist fast europäisch geprägt, es gibt Läden, Supermärkte, Kinos. Hier, fast 1000 Meter unter El Alto ist es etwas wärmer, die Höhenkrankheit weit weniger ausgeprägt.
Das Mondtal von La Paz

Das Mondtal! Unser Bus hält neben einer bizarren Landschaft. Gelblich-braunes Sandgestein ragt in tausenden Fingern empor. Überall kleine Löcher im Boden, größere, die dann zu Canyons werden. Eine Mondlandschaft! Kein Wunder, dass der rund zehn Kilometer lange Landstrich Mondtal genannt wird. Wir klettern ein wenig herum, balancieren über schmale Grate und stauen über die bizarre Aussicht. Dann geht es zurück in das Herz der City zu unserem Hotel. „Es ist das beste der Stadt“, erklärt Guide Rodrigo. „Die EU-Wahlbeobachter wohnen auch hier.“ Direkt neben dem Hotel gibt es ein kleines elegantes Restaurant mit einem hübsch eingerichteten Wintergarten in Weiß. Wir essen Lama-Filet in einer frischen pfeffrigen Sauce – wunderbar zart, dazu ein leckeres Kartoffelpüree.
Ein schöner Abschluss unseres Bolivien-Besuches. Denn morgen früh ist die Nacht um 4.30 Uhr zu Ende. Flug nach Argentinien. Die Hauptstadt Buenos Aires ist unser Ziel…
Wirklich sehr schöne Reiseberichte, fahrt ihr denn mal wieder irgendwo hin? Würde mich freuen mehr von euch zu lesen!
Ein sehr schöner Bericht mit tollen Bildern, weiter so!